Freude am Erwachsenwerden: Bar-Mizwa beziehungsweise Firmung/ Konfirmation.
Eine christliche Stimme
Kurzfassung
Sowohl Judentum als auch Christentum kennen Rituale des Erwachsenwerdens und Zeichenhandlungen, welche die zivile und religiöse Mündigkeit zum Ausdruck bringen, aber auch die Einladung zum christlichen Zeugnis in der heutigen Welt und zur Mitarbeit in der Gemeinde. In der römisch-katholischen Kirche ist die Firmung das Sakrament der Mündigkeit. Der Bischof verleiht und feiert die Gabe des Geistes unter Gebet und Salbung bzw. Handauflegung. Die Firmanden empfangen Gottes Geist. Sie erwidern den Friedensgruß und sind bereit, sich selbst mit ihren Charismen in den Dienst der Menschen zu stellen. Die Firmpat*innen unterstützen sie dabei, was sie mit der Hand auf der Schulter der Jugendlichen signalisieren.
In der Evangelischen Kirche bekräftigen junge Menschen ihre Aufnahme in die christliche Gemeinde, die zuvor mit der Taufe, meist im Säuglingsalter, geschehen ist. In der Konfirmanden-Zeit lernen die jungen Menschen die Grundlagen des christlichen Glaubens kennen, üben sich in christlicher Spiritualität ein und engagieren sich im Gemeindekontext. Nach dem Fest der Konfirmation sind sie eingeladen, ihren Weg des Glaubens in der Gemeinschaft anderer Christinnen und Christen weiter zu gehen und sich mit ihren Gaben und Fähigkeiten in der Gemeinde einzubringen.
– Prof. Dr. Stephan Leimgruber
Langfassung
Sowohl Judentum als auch Christentum kennen Rituale des Erwachsenwerdens und Zeichenhandlungen, welche die zivile und religiöse Mündigkeit zum Ausdruck bringen. Während die erste öffentliche Thoralesung für Jüdinnen und Juden der Beginn dafür ist, dass die religiösen Rechte und Pflichten übernommen werden, so ist die Firmung in der römisch-katholischen Kirche das Sakrament der Mündigkeit. Der Bischof verleiht und feiert die Gabe des Geistes unter Gebet und Salbung bzw. Handauflegung. Die Firmanden empfangen Gottes Geist. Sie erwidern den Friedensgruss und sind bereit, sich selbst mit ihren Charismen in den Dienst der Menschen zu stellen. Die Firmpat*innen unterstützen sie dabei, was sie mit der Hand auf der Schulter der Jugendlichen signalisieren.
In der Evangelischen Kirche bekräftigen junge Menschen ihre Aufnahme in die christliche Gemeinde, die zuvor mit der Taufe, meist im Säuglingsalter, geschehen ist. Sie sind eingeladen, ihren Weg des Glaubens in der Gemeinschaft anderer Christinnen und Christen zu gehen und sich mit ihren Gaben und Fähigkeiten in der Gemeinde einzubringen.
1. Vorbereitung
Wie der Tag der Bar Mizwa für Knaben und der Bat Mizwa für Mädchen einer gründlichen Vorbereitung bedarf, so ist die Firmvorbereitung bzw. der Konfirmandenunterricht sehr wichtig. Da geht es nicht nur um äusserliche Dinge wie die angemessene Kleidung, um den Ausflug oder das Firmgeschenk des Paten oder der Firmpatin, sondern um einen Grundkurs des christlichen Lebens mit Anmeldung, wobei die Motive im Gespräch geklärt werden. Es geht um die erste bewusste Lesung der heiligen Schrift oder ausgewählter Kapitel daraus. Und es geht um die Hinführung zu einer Entscheidung, sein Leben persönlich vor Gott zu verantworten und in den Dienst der Mitmenschen zu stellen.
Was die Konfirmandenzeit bis zum festlichen Segensgottesdienst zur Konfirmation in evangelischen Gemeinden vielerorts prägt, hat auch in der Firmvorbereitung seine Bedeutung.An vielen Orten gehört zur Firmvorbereitung ein soziales Praktikum, in dem unter Anleitung der Firmbegleiter*innen kleinere soziale Aufgaben übernommen werden, z.B. in der Aufgabenhilfe, bei Botengängen für ältere Leute, oder durch die Mitarbeit an der Zubereitung eines Mittagstisches für ältere Leute. Weiter gehört zur Firmvorbereitung eine Reflexion auf den bisherigen Lebensweg mit den wichtigsten Ereignissen sowie ein Ausblick in die Zukunft mit Überlegungen zur Berufswahl. Unmittelbar vor der Firmung soll der Firmgottesdienst erläutert und mitvorbereitet werden. Es gibt Aufgaben der Firmanden wie das Vortragen der Lesung oder der Fürbitten. Die Gabenbereitung kann mitgestaltet werden, Erfahrungsberichte sind bedenkenswert. Durch all diese Vorbereitungen wächst eine Firmgruppe zusammen und kann christliches Leben eingeübt und erfahren werden.
2. Der Firmtag und der Firmgottesdienst
Wie Bar Mizwa/Bat Mizwa zu den wichtigsten Ereignissen im Leben bekennender Jüdinnen und Juden zählt, so sind Firmtag und Firmfeier mit dem Firmspender und den Firmpaten zu den religiös bedeutsamsten Ereignissen und durchaus mit der Erstkommunion oder der Trauung vergleichbar. Es ist schön, wenn dieser Tag bereits zuhause mit einem Gebet und einem Gedenken Gottes beginnt. In der Regel ist die Firmfeier in eine Eucharistie integriert, die drei Teile umfasst: a) Den Wortgottesdienst mit Vorstellen der Firmbewerberinnen und Firmbewerber und dazu Hören auf das Wort Gottes in den Lesungen und in der Homilie; b) Die Firmung im engeren Sinn und c) Die Eucharistie mit Gabenbereitung, Hochgebet, Friedensgruss und Kommunion. Bei der Firmung im engeren Sinn treten Firmandinnen und Firmanden mit ihren Paten vor. Der Bischof bzw. der beauftragte Firmspender ruft sie beim Namen und spricht die Spendeformel: «N., sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den heiligen Geist.» Dies geschieht unter Handauflegung des Firmspenders und Bezeichnung in Kreuzesform auf die Stirn mit Chrisam (eine Mischung von Olivenöl und Balsam). Dann reicht der Firmspender dem Firmand, der Firmandin die Hand und sagt: «Der Friede sei mit dir.», worauf geantwortet wird: «Und auch mit Dir» oder «Amen». Während der ganzen Handlung legt die Firmpatin ihre Hand auf die Schulter der Firmandin, des Firmanden. Dann gehen sie zurück an ihren Platz in der Kirche und feiern die Eucharistie mit. Jetzt in der Corona-Zeit geschieht alles mit Einschränkungen.
3. Die Bedeutung der Firmung bzw. der Konfirmation
Wie Bar Mizwa und Bat Mizwa in Zeichenhandlungen die religiöse Mündigkeit der Juden feiern, so betont die Firmung bzw. die Konfirmation die Mündigkeit und Selbstverantwortung, aber auch die Einladung zum christlichen Zeugnis in der heutigen Welt. In den Sakramenten verdichtet sich die gesamte Lebenssituation eines Menschen. In diese offene Situation hinein wird Gottes Geist gesendet und zeichenhaft durch Handauflegung und Salbung mitgeteilt. Das bedeutet, dass junge Menschen nicht allein aus eigener Kraft das Leben gestalten, sondern zutiefst in Dankbarkeit für das Geschenk des Lebens und im Hinblick auf die Nöte der Menschen.
4. Kompetenzen junger Menschen fördern
Firmvorbereitung muss kompetenzorientiert angelegt sein. Die verschiedenen Fähigkeiten junger Menschen sollen bewusst gefördert und vertieft werden: die Wahrnehmung verfeinern, die Reflexions- und Kommunikationskompetenz fördern, Selbstkompetenz im Sinne des selbstständigen verantwortlichen Handelns ausbauen und die Kompetenz, das Handeln zu verlangsamen, geniessen lernen und feiern. Wichtig ist die Entwicklung einer religiösen Kompetenz in einer pluralen Welt: Den eigenen Glauben als Teil einer Gemeinschaft und auf den Grundlagen christlicher Traditionen zu entdecken, zu leben und in die vielfältigen gesellschaftlichen Bezüge einzubringen.
Endlich ist die Nachbereitung der Firmung zu bedenken und zwar im Sinne eines Rückblickes in Dankbarkeit und eines Ausblicks auf weitere Mitarbeit in der Gemeinde.
– Prof. Dr. Stephan Leimgruber
#beziehungsweise: jüdisch und christlich – näher als du denkst